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Ich spann den Schirm - Wir ziehen los in den Mälaren

Von Nävekvarn nach Västerås - Sonntag 22. Mai bis Dienstag 7. Juni 2022

Bei Sonntagswetter, morgens um zehn legen wir ab und fahren der Küste entlang nach Osten. Mit Wind auf die Nase ist kein Segeln möglich. Der revidierte Motor schiebt Odin deshalb durch die engen Schären. Bei Aspö legen wir uns in einer kleinen Bucht an die blaue Tonne des SXK. Der Wind schläft ein. Das Wasser wird Spiegelglatt. Bei angenehmen Temperaturen folgt nach dem Sundowner eine ruhige Nacht.

Die schönste Bucht bei Aspö

Die Vögel wecken uns. Ein leichter Dunst liegt auf dem Wasser. Unsere Dieselheizung vertreibt die nächtliche Kälte im Salon. Frühstück in der ‚Kuchenbude‘, welche wie ein Wintergarten von der Sonne aufgeheizt wird. Nach wenigen Stunden sind unsere Batterien mit der Solaranlage wieder aufgeladen. Wir bleiben noch einige Zeit in der ruhigen Bucht.

Nach passieren der letzten engen Passagen können wir endlich die Segel setzen. Der raume Wind schiebt uns mit ausgestellten Segeln unter Vollzeug durch die Wellen nach Trosa. Der Hafen ist leer. Wir haben viel Platz längsseits am Steg im Kanal.

In Trosa am Kanal

Am Dienstag ist Starkwind angesagt. Die Schrauben mit Ringen am Holzsteg wirken nicht besonders vertrauenserweckend. Odin wird mit mehreren Leinen an den Steg gefesselt, damit der Zug der Festmacherleinen auf mehrer Punkte verteilt wird. Es pfeifft mit 6-7 Beaufort in den Wanten. Die Schotten und Falls klappern.Wir wandern dem Kanal entlang zum Zentrum, wo einige Einkäufe zu erledigen sind.

Der zweite Tag in Trosa ist mit kleinen Instandsetzungen an Odin ausgefüllt. Endlich kann auch der erste Blog geschrieben werden.

Der folgende Spaziergang dem Kanal entlang bis zur Kirche zeigt uns ein neues Bild von Trosa. Viele farbige, alte Holzhäuser stehen entlang einer Fussgängerzone.

Am Donnerstag ist leichter Regen angesagt. Der Wind steht günstig. Wir rauschen unter Vollzeug knapp vor der Regenfront durch den Fiffängfjärden. Nach den ersten Böen erwischt uns der Regen. Wir reffen die Segel und treiben unter Genua an Oaxen vorbei bis zur Norrviken Bucht. Für das erste Ankermanöver wird alles getestet. Mit Headsets ist die Kommunikation vom Steuerhaus zum Bug einfach. Nach den ersten Segelstunden wird die Wantenspannung überprüft, nachgespannt und gesichert. Die Einstellung des Echolots wird mit dem Handlot mit 30 cm Sicherheitsmarge geeicht. Schliesslich laufen wir wieder aus durchqueren das Industriegebiet mit Kohlekraftwerk und legen uns in Södertalje längs an den Steg. Alles ist neu. Die Hafenbeiz, der Steg und die Sanitäreinrichtungen sind erst seit einigen Wochen in Betrieb. Der Preis ist entsprechend höher als gewohnt. Mit Elektrisch, Wasser, Dusche, Waschmaschine und Tumbler werden im Tag CHF 50 kassiert.

Die Schleuse in Södertälje ist blockiert

Für den Einkaufsbummel am Freitag sind wir zu früh unterwegs. Die Läden in der Fussgängerzone öffnen erst um 10 resp.11 Uhr. Mit zusätzlichen Weingläsern einem gelben Morgenrock für Vreni und einigen Esswaren kehren wir zu Odin zurück. Mit Auslaufen wird nichts. Nach telefonsicher Auskunft des Brückenwärters wird erst morgen ab sechs wieder geschleust. Wir widmen uns als Zeitvertreib unserer Tropfsteinhöhle. Nach einigem Suchen finden wir eine undichte Stelle bei der Warmwasserleitung. Kriechend wechseln wir ein 10 cm langes Stück Schlauch aus und kontrollieren auch einige der Brieden. Der rauschende Regen zeigt auch, dass alle Püttinge undicht sind. Bis zur nächsten Schönwetterperiode werden diese mit Gorillaband abgedichtet.

Am nächsten Morgen geht es schnell. In Rekordtempo duschen, ablegen und ab zur Schleuse. Das rote Licht blinkt. Die Leuchtschrift verkündet: Keine Schleusung bis Montag morgen…

Der leichte Regen ändert unser Programm. Auf dem Weg im Stadtpark blühen die Kirschbäume. 2 km entfernt erklimmen wir den Torekällberget. Das Freilichtmuseum  wurde 1929 eingeweiht und zeigt, wie die Menschen im 19. Jahrhundert in Södertälje und im östlichen Södermanland lebten. Die Windmühle Nora ist zum Symbol des Museums geworden. Es gibt einiges zu sehen. Hoch im Kurs stehen alle trockenen und überdachten Ausstellungen. Es ist zu feucht im Regen. Die alten Wohnräume mit speziellen Tapeten und Verputzarten sind stilvoll eingerichtet. Bei Kafi und Kuchen geniessen wir alte Rezepte. 

 

An dieser Stelle eine Bemerkung bezüglich Verpflegung auf Odin. In den folgenden Berichten werden wir keine ‚Magenfahrpläne‘ dokumentieren. Wir werden von Vrenis Kochkünsten verwöhnt. In letzter Zeit waren Beispielsweise Nasigoreng, Lammfilet mit Pilzen, Köttbullar mit Kartoffelstock, frischer Tunfisch mit Spargeln und vieles mehr auf dem Speiseplan. Dazu jeweils ein feines Glas Wein oder Starkbier. Auch ein Schlummi darf nicht fehlen. Wir leben wie Gott in Frankreich.

Am Sonntag muss es ganz schnell gehen. Der Kontrollanruf im Schleusenbüro bestätigt: Die Schleuse ist wieder in Betrieb. ‚Es ein Containerschiff auf dem Weg. Wir sollen sofort Schleusen‘ meint der Brückenwärter. Motor an, Leinen los und fünf Minuten stehen wird bereit. Die erste Brücke klappt hoch und das Schleusentor steht weit offen.

Danach warten wir bei der zweiten Brücke 70 Minuten, weil unser Mast 20 cm zu Hoch ist um einfach durch zu fahren. Verfolgt von einem riesigen Cargo Schiff passieren wir diese Richtung Norden und sind nun in den Gewässern der Mälaren.

Die tausend Inseln der Mälaren

Der Mälarsee ist nach Vänern und Vättern mit 1090 km² der drittgrößte See Schwedens und damit etwa doppelt so groß wie der Bodensee. Westlich von Stockholm gelegen, ist er bis zu 66 m tief und über den Södertälje-Kanal, die Hammarby-Schleuse, die Slussen-Schleuse sowie den Norrström mit der Ostsee verbunden.

Bis zur Wikingerzeit war Mälaren eine Ostseebucht; erst im 10. Jahrhundert wurde er durch die postglaziale Landhebung allmählich von der Ostsee getrennt. Die heutige Oberfläche des Sees liegt etwa 70 cm über dem Meer. Dem See wird Wasser für etwa 1,3 Millionen Menschen entnommen. 

An Mälaren liegen unter anderem die Städte Stockholm, Södertälje, Västerås, Enköping und Köping sowie berühmte Sehenswürdigkeiten wie das Schloss Gripsholm in Mariefred, das Schloss Drottningholm und der Handelsplatz aus dem 8. bis 10. Jahrhundert Birka.

 

Ein Biber begrüsst uns in der Bucht

Vorbei an den Inseln Björkö und Adelsön tauchen wir in die Schären von Dåvensö ein.  Im Zickzack folgen wir den roten und grünen Spieren bis zur Bucht von Görvlän. Das Wetter bessert sich. Wir liegen vor Anker in der Sonne. Ein Biber zieht vorbei und erklimmt das Ufer in unserer Nähe. Die untergehende Sonne lässt den Abendhimmel leuchten.

Es ist saumäsig kalt. 5º. Am Montag morgen um vier Uhr früh zünden wir unsere Dieselheizung und stehen nicht auf, bevor der Thermometer im Salon 20º anzeigt. Der Stromverbrauch steigt beim vorglühen und ventilieren kurzfristig stark an. Unsere Verbraucherbatterien sinken von 220 AH auf 190 AH. Die Sonne liefert schon ab 05:00 ca. 4-5 Ampère. Der Verbrauch ist schnell ausgeglichen.

Nach dem Frühstück Anker auf, ab zur Schwingbrücke von Stäket. Nach kurzer Wartezeit pünktlich um 10:30 bimmelt die Barriere der Strasse, die Brücke schwenkt und zeigt das grüne Licht für die freie Fahrt nach Sigtuna.

Die älteste Stadt von Schweden

Sigtuna gilt als Schwedens älteste Stadt. Sie soll um das Jahr 970 entstanden sein. Touristen kommen aber nicht deswegen hierher. Das heutige Sigtuna lockt eher mit idyllischem Ortskern, Holzhäuschen, Souvenirläden, Restaurants und vielen Cafés. Die meisten Geschäfte und Cafés liegen in der Fußgängerzone entlang der kleinen Hauptstraße, Stora gatan.

Nach dem Festmachen im Hafen schlendern wir durch die malerischen Gassen. Mittagessen in einer kleinen Beiz, Einkauf bei ICA (Esswaren) und dem System Bolaget (Wein) stehen auf dem Programm. Nach dem Ausschöpfen unsrer Bilgen (5 Liter Wasser) lassen wir unseren Tag ruhig ausklingen.

Der Mast ist 20 cm zu hoch

Zeltromatik. Es tröpfelt die ganze Nacht auf unsere Kuchenbude. Duschen in der Hafenanlage müssen wir mit unserer Sturmlampe, weil der Strom seit Tagen ausgefallen ist. Wir wollen die 11:30 Öffnung der Schwingbrücke in Stäket erreichen und brettern deshalb die 9 Meilen nach Süden unter Motor mit Rückenwind. Weil unser Hauptmast 20 cm zu Hoch ist, müssen wir beim Brückenpfeiler einfädeln und die sehr enge Durchfahrt vorsichtig passieren. Erst später sehen wir das der Pegel 25 cm tiefer liegt, sodass wir uns die Mühe hätten ersparen können.

Es ist eine Überlegung Wert, ob wir die steife VHF Antenne mit 1.20 m Länge durch eine flexible ersetzen sollen. Als zweite Möglichkeit bietet das Top des Besan Mastes. Die Antenne liegt dabei 4 m tiefer. Die Reichweite würde sich um 1.2 Seemeilen reduzieren.

Ab der Ausfahrt bei der Schwingbrücke folgt herrliches Halbwind segeln im Nieselregen. Nur die kurvenreiche Strecke in den Schären von Vräkarsundet passieren wir mit Motor. Nach drei Stunden segeln vom feinsten erreichen wir eine kleine Bucht zwischen Killinge und Granskär. Vor Anker liegend zeigt sich am Abend kurz die Sonne nur um zu schauen wo sie weiter hin pissen soll.

Natur pur im Kanal nach Enköping

Auch am Mittwoch Morgen bei der Weiterfahrt nieselt es. Immerhin hat der Winddreher zur Folge, dass uns der Südwind Raumschot in drei Stunden langsam und gemächlich bis zum Kanal von Enköping schiebt. Das Wetter bessert. Die Sonne beleuchtet die zwei Meilen lange Zufahrt zum Sackgass-Hafen im Stadtpark. Am gleich Platz wie letztes Jahr legen wir uns längs und kämpfen mit dem Automaten um die Hafengebühr zu begleichen.

Tatsächlich hoppelt ein Hase durch den Park. Auf dem Rundgang durch die Einkaufsmeile bleiben wir mit etwas Glück trocken. Wir müssen unsere Vorräte wieder auffüllen. Der Sackrolli eignet sich bestens um die Einkäufe zu transportieren. Beim Hafenrundgang am Abend bleiben wir bei Kirsten und André hängen. Sie laden uns in ihrem perfekt ausgebauten kleinen Mobilehome zu einem Schlummi ein.

Die enge Durchfahrt bei Angsön Fisk

Ein angenehmer Halbwind bläst uns am Freitag nach der Kanalfahrt nach Süden. Vor der Drehbrücke von Hjulsta hilft nur noch der Motor für die Weiterfahrt. Im Kurve um Kurve schlängeln wir mit Wind auf die Nase zu unserem Ziel. Das erste Hinternis, eine schmal Durchfahrt mit 2.20 m Tiefe und einigen gut versteckten Rockys, passieren wir mit 1 Knoten max. Geschwindigkeit.

Am Steg beim Angsön Fischer sind wir einen Tag zu früh. Die offizielle Öffnung für dieses Jahr ist erst morgen. Wir nehmen deshalb eine zweite Hürde und fahren mit 20 cm unter dem Kiel in den Grisfjärden. Ganz hinten, gut geschützt vor Wind und Wetter legen wir uns vor Anker. Ein grummelndes Gewitter zieht nördlich von uns vorbei. Der Tag verabschiedet sich mit einem theatralischen Lichterspiel.

Der Sommer ist da. Morgens um acht schon 20º ohne Heizung! Beim Duschen auf der Badeplattform ist es schon noch etwas frisch. Ein altes Militärflugzeug dreht zwei Rollen über unseren Köpfen. Zurück zum Angsö Fisk müssen wir die Untiefe von gestern noch einmal passieren. Dann lassen wir uns mit geräuchten Crevetten und geräuchtem Barsch verwöhnen.

Die Fahrt zur Fagerövik ist nur kurz. Es bleibt der ganze Nachmittag für Samstagsarbeiten. Püttinge abdichten und Kittfugen auswechseln.

Pfingsten und Nationalfeiertag in Västerås

Sonntagswetter begrüsst uns. Dazu eine angenehme Brise von 3-4 Beaufort aus Nordost. Am frühen Nachmittag laufen wir aus und segeln die ganze Strecke bis nach Västerås. Auf Halbwindkurs erreichen wir 6.7 Knoten SOG unter Vollzeug. In kurzen Hosen und Tshirt lauschen wir auf dem Achterdeck dem gurgelnden Wasser.

Nicht alle Schweden beherrschen die KVK (Kollisionsverhütungsregeln). Ein hoch am Wind mit viel Lage segelnder Skipper produziert vor unserem Bug einen Sonnenschuss, weil er zuviel Tuch gehisst hat. Ein anderer dreht bei und weil er einem Frachter ausweichen muss und liegt danach quer vor uns.

Gegen Abend erreichen wir den Gästehafen von Västerås und belegen unseren bei Dock Spot reservierten Platz. Eine spezielle Übung folgt nach dem perfekt gelungen Anlegen an der Boje. Wir haben die Falsche erwischt und müssen unseren Bug deshalb an der nächsten Boje befestigen.

Der Pfingstmontag wurde in Schweden abgeschafft. Zufälligerweise bleiben trotzdem alle Läden geschlossen, weil am Montag dem 6. Juni der schwedische Nationalfeiertag ist. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der 6. Juni in Schweden zu einem nationalen Gedenktag. Gefeiert wurden die Krönung Gustav Wasas am 6. Juni 1523 und die damit verbundene Auflösung der Union mit Dänemark, was Schweden zu einem selbständigen Staat machte. Die schon im Mittelalter begonnene Einigung des Landes wurde unter Gustav Wasa fortgesetzt. Ab 1916 wurde der 6. Juni als „Tag der schwedischen Flagge“ gefeiert. Erst durch Verordnung im Jahr 1983 erhielt er den Status als Nationalfeiertag.

Die riesigen Motorboote und kleine Segler kehren vom verlängerten Wochenende zurück in den Hafen. Wir beschäftigen uns mit der Tücke der Technik. Das Elektronikzeitalter braucht mehr Steckdosen. Alle Geräte vom iPhone über das Headset zur Taschenlampe benötigen Strom und dazu passende USB Anschlüsse. Die waren bis heute rar an Bord. Nach dem Bohren einiger Löcher und dem Ziehen von Drähten können zusätzlich vier Anschlüsse eingebaut werden.

Im Hafenwasser haben sich Haubentaucher häuslich eingerichtet. Während das Männchen mit Seerosenblättern und kleinen Ästen das Nest ausbaut sitzt das Weibchen mit ihrem Gelege in der Mitte auf zwei Eiern, welche teilweise im Wasser liegen. Wenn das nur gut geht.

Nach den Feiertagen folgt die grosse Einkaufstour. Mit Voi. Scooter flitze ich zum Bootszubehörladen Hjertmans. Ein neues Besan Fall, Elektrozubehör, Reinigungs- und Imprägnierungsmittel für die Kuchenbude und weitere Kleinigkeiten werden in den Rucksack gepackt. Mit dem Scooter schmilzt der weg auf 5 Minuten. Leider kann Vreni nicht mit flitzen, weil Ihre Internetverbindung beim iPhone streikt. Swisscom sei Dank… 

In der Stadt bei Ohlson kaufen wir eine neue Akkubohrmaschine. Wir haben unsere Alte gestern beim Bohren der grossen Löcher verheizt. Zwischendurch schnell mit den Einkäufen zu Odin geflitzt. Die Fahrt mit dem Scooter ist auf den Pflastersteinen wie eine Schüttelmassage. Bei Coop füllen wir den grossen Rucksack ein zweites mal. Für eine Woche wird Gemüse, Fleisch, Brot und Allerlei gebunkert.

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Kommentare: 2
  • #1

    Graziella Schneider (Donnerstag, 09 Juni 2022 07:28)

    Ahoi ihr zwei Weltensegler
    Vielen Dank für den unterhaltsamen Bericht mit den schönen Fotos. Wir wünschen euch einen weiterhin erlebnisreichen Törn in Schweden und freuen uns auf euren nächsten Bericht.
    Liebe Grüsse
    Graziella und Housi

  • #2

    Peter Büchi (Donnerstag, 09 Juni 2022 08:46)

    Liebe Grüsse an die Odin Crew. Der Bericht und die Bilder sind eindrucksvoll. Es ist immer etwas los und ihr seid die Ruhe selbst. Ich wünsche euch weiterhin einen guten Törn