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Schweden hat uns wieder

Von Gässten nach Söderhamn Freitag 1. Juli bis Mittwoch 13. Juli 2022

Donnergrollen um 05:00 Uhr und prasselnder Regen wecken uns am Freitag Morgen. Einige Blitze sind zu sehen. Alle Elektronik wir in den Backofen gepackt. Eine herrliche Abkühlung folgt. 

Ruhige Buchten mit Badewasser

Wir verlegen uns in einer Regenpause in eine nächste Bucht. 9 Meilen nördlich finden wir eine weitere freie SXK Boje. Es bleibt viel Zeit für Büro- und kleine Reparatur arbeiten.

Am Nachmittag zeigt sich der blaue Himmel. Ein Sprung ins angenehme Wasser setzt einen weitere Höhepunkt. Wir richten uns auf dem Achterdeck gemütlich ein. Bis spät scheint die Sonne bei einem Glas Wein.

 

Wir bleiben am Samstag in der Bucht liegen. Die Zeit bleibt stehen. Bis zum Mittag fegt der Wind mit Böen zwischen 5 und 6 BF durch die Bucht. Schaumkronen und Schaumstreifen sind die Folge davon. Am Nachmittag dreht der Wind nach Südost. So liegen wir ruhig im Windschatten der hohen Bäume.

Das Abendliche Bad verbringen wir wieder von der strahlendem Sonnenschein. Zwei Möven beobachten uns scharf auf dem Achterdeck. Sie kommen Flossenschlag für Flossenschlag näher um sich etwas zu holen. Es gibt nichts was den wilden Vögeln gefuttert werden kann.

Segeln wie im Bilderbuch

Ein Schwumm am Sonntag nach dem Frühstück im angenehmen Wasser. Dann legen wir von der SXK Boje los. Kaum aus der Bucht, setzen wir Vollzeug. Mit Böen bis 5 BF auf Halbwindkurs rauschen wir mit 6 - 7 Knoten SOG an Öregrund vorbei. Nach Einrollen des Gross und reffen der Genua bleibt der Speed immer noch bei 6 Knoten. So sind wir 4 Stunden unterwegs quer durch die Öregrundgreppen. Beim Angskärsklubb legen wir uns in einer gut geschützten Bucht längs an die Quaimauer. Der Wind pfeift in den Wanten. Die Masten singen.

Gegen Abend wandern wir durch den Blaubeerenwald zum Kap. Riesigen Ameisenhaufen und -strassen begegnen wir. Die Mücken sind zum erstenmal ziemlich aggressiv. Die Natur ist beinahe unberührt. Am Abend lässt der Wind nach. Das laute kreischen und pfeifen der Vögel aus dem nahen Naturschutzgebiet ist unüberhörbar.

Der Wind steht am Montag günstig aus Südost. Wir legen um 09:00 ab und setzen nach der Ausfahrt aus den Schären die Genua und das Besansegel. Nach zwei Stunden flottem segeln, rollen wir die Tücher für die Passage in den Steinhaufen beim Leuchtturm Björn zusammen und steuern mit Motor durch die gut 60 cm hohen Wellen. Stunde um Stunde nähern wir uns auf Halbwindkurs unserem Tagesziel.

Der Wind frischt auf, wir müssen die Genua reffen und ohne Gross weiter segeln. Die bei der Wetterprognose des SMI angesagte Regenfront erwischt uns pünktlich um 14:00 Uhr. Mit gewaschenem Deck gleiten wir weiter bei Sonnenschein.

Nach den letzten Schären kurz vor dem Hafen von Gävle erwischt uns eine Böe mit 6 Beaufort. Odin beschleunigt mit einem Kick. Wir räumen die Segel bei lautem Knattern weg und laufen über den Industriehafen mit Containeranlage in den Stadtkanal. 35 Meilen in 7 Stunden. Rückwärts einparkiert an einem Schwengel des Gasthamn beschiessen wir den langen Tag.

Gävle und sein ‚Old Town‘

Eine kleine Wanderung führt uns am Dienstag zur Altstadt von Gävle. Malerische kleine Holzhäuser stehen entlang von engen Gassen mit Bollensteinpflästerung. Das Wetter spielt mit. Die Häuser leuchten in allen Farben. Die Strassen sind alle mit Blumen und grünen Pflanzen geschmückt. Über die Fussgängerzone der Stadt erreichen wir unsere Mittagsverpflegung beim Inder. Im Vergleich zu den Ålands kostet ein Mittagessen 3-mal weniger. Für 99 Kronen (ca. 10 CHF) ein Buffet mit verschiedenen Salaten, feinen Curry Gerichten und Kafi.

Der Rückweg zu Odin führt uns am Central Bahnhof vorbei. Kleine Einkäufe ergänzen unsere Vorräte. Am Nachmittag ist grosser Wäsche, Putz und Bürotag. Die Infrastruktur im Gästehamn lässt keine Wünsche offen. Sauna, Dusche, Strom, Wasser, Waschmaschine und Tumbler. Alles nigel nagel neu und nur für uns, weil sonst kein Schiff am Steg liegt.

Halbzeit unseres Segeltörns

Endlich testen wir am Mittwoch unsere Sturmfock und kontrollieren alle Befestigungen und das laufende Gut. Das orange Dreieck hängt in der Babystag. Wir benötigen noch zusätzliche Blöcke und Leinen um das Sturmtuch richtig zu setzen.

 

Kurz vor zwölf treffen Silvia und Res im Hafen ein. Sie haben die weite Reise aus dem Schwarzenburgerland mit Ihrem Bus zurückgelegt. Einmal mehr verköstigen wir uns beim Inder. Auf dem Rückweg zum Hafen werden wir von einem Platzregen überrascht. Wir warten unter einem Vordach bis die Sonne wieder scheint.

Mit dem Camper von Res fahren wir für die fehlenden Sturmfockteile zum Biltema. Ein grosser Einkaufswagen gefüllt mit Wein und Sprit wird beim System Bolaget in den Bus getragen. Im ICA werden kiloweise Esswaren gebunkert. Nach drei Stunden kehren wir mit dem vollen Bus zurück zu Odin und füllen alle Zwischenräume.

Wir bleiben am Donnerstag noch in Gävle und profitieren von der ausgezeichneten Infrastruktur. Im nahen Lungo Mare erfüllen wir am Buffet unsere kulinarischen Wünsche. Kurze Einkäufe, Mittagsschlaf und schon ist es wieder Abend. Silvia und Res haben in der Zwischenzeit die Altstadt von Gävle durchwandert.

Mit viel Geduld und mehrmaligem Ein- Ausschalten der Heizung gelingt es der Hafenmeisterin dann doch unsere Sauna zu wärmen. Nach 45 Minuten wird es uns zu heiss. Die Steine rauchen und dampfen.

Mit Nordwind auf die Nase

Bei wenig Wind laufen wir am Freitag aus. Am Containerhafen vorbei erreichen wir die äusseren Schären und setzen voller Erwartungen das Vollzeug. Mit zwei Knoten schleichen wir unserem Tagesziel entgegen. Kleine Schlösser oder Ferienhäuser ziehen an uns vorbei bis wir zum stinkenden Steinhaufen der Kormorane kommen.

Schliesslich wird uns die alte Dünung zu wild. Rauf und runter, links und rechts drückt uns die Welle. Wir streichen die Segel und laufen unter Motor in die Bucht von Trodjefjärden ein. An der blauen SYK Boje liegen wir ruhig. Das Wasser hat sich beruhigt. Zum Baden sind uns aber 12º doch etwas zu kalt.

Nordwind für die nächsten Tage und eine Welle von 1.5 m. Keine gute Wetterprognose. SMI Sweden meldet Nordwestwind 2-4 BF bis um 11:00 Uhr. Nichts wie los. Schon um 08:00 lassen wir am Samstag die SXK Boje los. Kaum um die erste Klippe setzen wir das Vollzeug und rauschen mit 7.0 Knoten nordwärts. Nach dem Kap von Iggön muss der Motor wieder nachhelfen. Der Wind hat sich verabschiedet.

Fårholmen entlang erreichen wir den kleinen Hafen von Norrsundet. Der einzige Längsplatz ist noch frei. Wir liegen auch beim Mittagswind von 4-5 BF ruhig in der tiefen Bucht.

Der Spaziergang zum Bergmans Fiske führt durch ein kleines Quartier mit roten Holzhäusern. Ein feines Mittagessen mit Tagesfisch und gedrückten Kartoffeln retten uns über den Mittag. Am Abend soll Tanzmusik aufspielen. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange.

Den Nachmittag verbringen wir bis nach dem Nachtessen auf den Holzbänken an der Sonne. Den Abend beschliessen wir mit einer Runde Boccia mit unseren farbigen Kugeln.

Der Regen verschont uns

Trotz schlechtem Wetterbericht legen wir am Sonntag Morgen ab und verlassen die schützende Bucht. Wir wollen langsam unserem Wochenziel ‚Söderhamn’ näher kommen.

Eine Front nach der andern zieht an uns vorbei. Die Wolken entleeren sich hinter uns. Die Sonne begleitet uns beim Segeln. Die Welle ist moderat. Der Wind fällt wieder zusammen. Mit dem Motor runden wir das Kap von Gåshällan. Nach zehn Meilen liegen wir wieder an einer Boje in einer Bucht, gegen Nord bis Süd geschützten vor einem kleinen Sandstrand. Sonne und Ruhe herrscht. In der Ferne ziehen schwarze Wolken vorbei.

Life Theater haben wir am Abend. Um 22:00 Uhr geht die Sonne am Horziont hiner einer kleinen Insel unter. Das Wolkenband leuchtet in gelben und roten Farben. Im Osten geht der Mond auf und bildet eine schwache Konkurrenz.

Die Temperatur steigt am Montag markant. Schon beim Frühstück ist es angenehm warm. Beim Kaltstart unseres Volvo Pentas faucht wieder dicker weiss/blauer Rauch aus dem Auspuff. Der Motor rumpelt und läuft erst nach erhöhter Tourenzahl einigermassen rund. Sind die Einspritzdüsen defekt oder melden sich die Kolben als Ende der Lebendszeit? Wir werden wohl in Söderhamn eine grössere Inspektion ausführen.

Die Fahrt nach Norden führt im zick zack zwischen den Steinhaufen direkt zum östlichen Bucht von Kuskökalv. Die Einfahrt wird schwungvoll von einer heftigen Grundwelle begleitet. Die Durchfahrt zwischen den heimtückischen Unterwasserfelsen ist nur 10 m breit und muss genau mit der Peilung über die beiden Dreiecke erfolgen. Wir sind mitten in einem riesigen Naturschutzgebiet. Adler kreisen über unseren Köpfen.

Für den Landgang mit dem Dingi wird gerudert. Wir wandern eine kurze Strecke durch den wilden Wald und können so Odin in der Bucht von allen Seiten sichten.

Zurück auf Odin ist das Wasser spiegelglatt. Mit einer Tortillia werden wir verpflegt und faulenzen danach den ganzen Nachmittag. Bis spät in die Nacht spielen wir ‚Eile mit Weile‘ oder ‚Triomino‘.

Odin als Dampfschiff

Spiegelglatt liegt das Wasser am Dienstag in der Bucht. Beim Kaltstart von Odin speit der Motor eine grosse weisse Rauchwolke aus dem Auspuff. Nicht Eingeweihte könnten im Rauch von Weitem einen Motorenbrand vermuten. Der Motor rumpelt und zündet nicht auf allen Zylindern. Sind die Einspritzdüsen defekt oder versagt die Einspritzpumpe ihren Dienst? Kaum ist die Betriebstemperatur erreicht ist der Spuck vorbei. Unser Jokkel schnurrt drei Stunden vor sich hin und schiebt uns ohne Welle nach Norden.

Das Wasser ist ausserhalb der Schären so ruhig, dass selbst flüchtende Enten und Schwäne eine Bugwelle erzeugen. Unser Ziel Segelvik lassen wir Steuerbord liegen und motoren direkt nach Söderhamn. Es könnte ja sein, dass wir nach einem Tag stehen noch grössere Probleme beim Starten unseres Volvo Penta haben.

Alle Versuche, telefonisch einen Mechaniker für unsere Dampfmaschine zu finden, sind in den letzten zwei Tagen gescheitert. Es ist Ferienzeit.

Gegen Abend bummeln wir quer durch die kleine Stadt und lassen uns beim Käptensdinner im Innenhof der Stadhus Beiz verwöhnen. 

Rettung naht vom pensionierten Mechaniker

Am Mittwoch erreichen wir  telefonisch tatsächliche Per Arne Åkerström von Mekamarin. Er sei alt und Müde und habe seine Firma vor 10 Jahren aufgelöst. Trotzdem will er sich die Sache mit der Dampfmaschine ansehen. Keine fünf Minuten steht er neben Odin. Res und Silvia haben nur Minuten Zeit Ihr Gepäck für die Heimreise zu richten und auf dem Steg zu deponieren.

Mit einem einfachen Trick prüft der Mechaniker die Funktion der 4 Zylinder. Er öffnet der Reihe nach die Einspritzleitung bei laufendem Motor. Wenn es rumpelt arbeitet der Zylinder normal, wenn nicht ist etwas faul. Zylinder 1 und 2 ergeben fragwürdige Resultate. Nach dem Ausbau der Einspritzdüsen werden diese in der Werkstatt abgedrückt. Die Resultate sind nicht überzeugend. Es müssen neue Düsen angeschafft werden.

Um Schäden bei den Kolben oder Ventilen auszuschliessen wird noch die Kompression gemessen. Der Druck ist bei allen Zylindern zwischen 21.0 und 21.5. Scheint in Ordnung zu sein.

In der Zwischenzeit haben wir das Mittagessen unter den Bäumen abgehalten. Kurz danach machen sich Res und Silvia mit dem Taxi auf den Weg zum Bahnhof um nach Gävle zu fahren. Dort treten Sie Ihren Heimweg mit ihrem Bus an und werden gemütlich nach Süden fahren.

Kommentare: 3
  • #3

    Jörg und Hanni Leick (Sonntag, 17 Juli 2022 17:56)

    . . . da kann ich den Kommentaren 1 und 2 nur beipflichten. Ich staune über die wieder immense Zahl eurer Fotos, die interessanten, "lebendigen" Texte dazu - beinahe ein Mitfiebern bei euern Pannen diverser Art ! Vielen Dank, dass wir so "nah" dabei sein können.
    Pannen ? Ja die bleiben, so wünschen wir euch, während der weiteren Fahrt Vergangenheit.
    Herzlichen Gruss aus dem sonnig-heissen ZH-Oberland,
    Jörg und Hanni

  • #2

    Jürg + Marlies Egli (Sonntag, 17 Juli 2022 14:21)

    Eure Berichte sind interessant und manchmal gar spannend. Wir erfreuen uns besonders auch an den schönen Bildern. Unsere Erinnerungen werden dabei wieder aufgefrischt. Wir wünschen euch eine wunderbare zweite Halbzeit mit schönen Begegnungen und ohne Pannen.
    Herzliche Grüsse Jürg + Marlies

  • #1

    Peter Büchi (Sonntag, 17 Juli 2022 10:17)

    Als Nichtsegler staune ich ob all den Überraschungen die Ihr erlebt nd es scheint, dass es für euch langweilig erscheinen würde, wenn alles einfach am Schnürchen laufen würde. Ich wünsche euch weiterhin viel Spass und möglichst keine Pannen. Eure Berichte sind sehr interessant und ich lese diese sehr gerne. Herzliche Grüsse Peter