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Entlang der Jungfrunkusten

Von Söderhamn nach Sundsvall - Donnerstag 14. bis Sonntag. 24. Juli 2022

Die Rundfahrt mit dem Mietwagen

Wir haben in zwei Monaten eine 5 kg Gasflasche aufgebraucht. Die zweite ist noch voll, reicht aber nicht bis im Herbst. Wir mieten deshalb am Donnerstag morgen, direkt im Hafen an der Gulf Tankstelle, einen Skoda. Auf der Suche nach einer Gastankstelle fahren wir nach Liusdal im Landesinnern. Durch endlose Wälder, entlang grosser Seen, rollen wir auf Landstrassen unserem Ziel entgegen. Nach 100 km ist die leere Gasflasche bei Unax innert Sekunden wieder aufgefüllt.

Ein Umweg über Hudiksval lohnt sich. Die alten Speicher im Hafen und die Altstadt mit den vielen farbenprächtigen Holzhäusern sind beeindruckend. Am Vorbeiweg holen wir bei Lidl einen Monatsbedarf an Nüssen und Brillenputztücher. Es sind die besten meint Vreni.

Zurück auf Odin wird gebastelt. Eine weitere Steckdose auf dem Steuerpult achtern wird montiert. Damit kann das iPhone als Plotter eingesetzt werden. Das Beobachten von gefährlich nahen Steinen ist damit ohne Sprung ins Steuerhaus möglich.

Neue Einspritzdüsen für unsere Volvo Penta

Sau kalt ist es am Freitag. Nur 9º. Wir heizen den Salon vor dem Frühstück. Um 10:30 Uhr klopft es am Boot. Per Arne, der pensionierte Mechaniker, kommt mit den neuen Einspritzdüsen. Mit Hilfe einer langen Nadel werden die Kupferringe und Unterlagsscheiben in der engen Öffnung platziert. Vorher wird die Halterung gründlich geputzt und die Löcher mit einem kleinen Schlauch ausgeblasen. An Stelle der üblichen Entlüftung von Filter und Leitungen wird der Motor mit dem Anlasser gedreht, bis es aus allen Schläuchen spritzt. Danach wird alles gut verschlossen und der erste Start mit Vorglühen eingeleitet. Es rumpelt und wackelt bis die letzte Luft aus dem System geblasen ist. Der Volvo Penta läuft nicht ganz so rund wie der Mechaniker gehofft hat. Testen und suchen geht weiter.

Mit Hilfe einer 24 er Nuss mit Rätsche wird der Motor von Hand in kleinen Schritten gedreht. Beim Öffnen des Auslassventils vom 4. Zylinder können die Ventile des 1. auf 0.4 mm eingestellt werden. Dies wird mit allen Ventilen wiederholt. Teilweise waren die Abstände zur Pleuelstange zu gross oder zu klein eingestellt. Der nächste Startversuch verspricht mehr Erfolg. Bei 1’000 Umdrehungen schnurrt unser Jokkel zufrieden vor sich hin.

Am Nachmittag nutzen wir das gemietete Auto für eine kleine Ausfahrt zur Kirche und zum Aussichtsturm von Söderhamn. Danach füllen wir den Kofferraum mit Esswaren für die nächsten 10 Tage. Trotz schlechtem Wetterbericht hat sich der Regen in Grenzen gehalten.

Mit Kurzschluss wir der Solarregler gehimmelt

Dauerregen den ganzen Samstag mit einer kleinen Pause über Mittag. Die trockene Zeit nutzen wir um Odin einige neue Löcher zu verpassen. Die fliegenden Kabel der Solarpanel müssen weg. Dazu werden die bestehenden Steckdosen im Steuerhaus ausgebaut und die beiden Kabel von der Backbord auf die Steuerbordseite verlegt. Beim Ausfädeln der dicken Kabel wird bei einem Kurzschluss der Solarregler gehimmelt. Nach öffnen des Gehäuses sieht man, dass die verlötete Sicherung auf der Platine durchgebrannt ist. Ein dünner Draht wird notdürftig als Überbrückung eingeklemmt. Der Regler erfüllt danach seine Aufgabe wie vor dem Kurzschluss.

Schnell wird es durch die Bastelei Nachmittag. Mit Büro und Putzen füllen wir die restliche Zeit bis zu einem feinen Abendessen in der nahen Beiz.

Die roten Wolken des Sonnenuntergangs spiegeln sich in den Fenster der Hafenspeicher. Wie ein Vollbrand reflektieren die Flammen der Sonne.

Neue Gäste aus Berlin an Bord

Alle Segler und Motorböötler verlassen am Sonntag den Hafen. Der Starkwind in der Bottensee hat sich beruhigt. Wir stehen wieder alleine am Steg und geniessen den Sonntag. Es gibt nichts zu flicken. Es bleibt einwenig Büroarbeit und am Abend letzte Einkäufe bei ICA. Eigentlich wollten Isolde und Henning mit dem 14:18 Zug von Stockholm nach Söderhamn fahren. Streik und ausfallende Flüge haben viele zum Umsteigen auf die Eisenbahn gezwungen. Deshalb sind bis 18:18 alle Züge ausgebucht. Unsere Gäste kommen erst gegen 21:00 im Hafen an. Mit kleinem Gepäck haben sie die zwei Kilometer von der C-Station zum Gasthafen zu Fuss zurückgelegt. Für einen Schlummi bleibt noch genug Zeit.

In Buchten und kleinen Klubhäfen

Unser Volvo Penta ist am Montag Morgen nur mit viel Rumpeln und blauem Rauch aus dem Schlaf zu wecken. Wir verlegen vor dem Auslaufen längs an die Abpumpstation um unseren Fäktank zu leeren.

Mit Wind auf die Nase fahren wir durch die Schären nach Osten. Nach Verlassen der engen Tonnenstrasse setzen wir Segel und schleichen mit 2 Knoten gegen Norden. Der Küste entlang laufen wir unter Vollzeug und Halbwindkurs 4.5 Knoten. Am späten Nachmittag erreichen wir die Bucht bei Innerstön und legen uns an die SXK Boje. Es klart auf. Der Himmel wird blau.

Isolde und Henning machen einen Ausflug mit dem Dingi. Dabei bewegen Sie sich in wilder Natur und unwegsamem Gelände. Gegen Abend erwischt uns eine kleine Regenfront. Es wird ruhig in der Bucht.

Das liegen an der blauen Boje war nicht ganz so erholsam wie wir uns das gewünscht hätten. Der Wind hat nachts so gedreht, sodass ein kleiner Schwell in die Bucht steht. Es klopft und knascht beim Anker. Die Leine quietscht wenn sie gestreckt wird. Mehrmaliges Aufstehen und korrigierendes Eingreifen nützen nichts. So bleiben wir den ganzen Dienstag etwas müde.

Nachdem der Solarregler definitiv ausgestiegen ist müssen wir die Batterien eine Stunde mit dem Motor laden. Nach der Insel Bålsön bläst uns der Wind direkt auf die Nase. Wir setzen alle Tücher und kreuzen gegen den Wind. Nach enem kleinen Winddreher liegt unser Kurs hoch am Wind annähernd richtig. Drei Stunden segeln wir mit durchschnittlich 4 Knoten nach Norden. Nach der engen Durchfahrt in die Bucht von Stoka legen wir uns im Gästehafen längs an die Pier.

Mit herrlicher Sonne haben wir das Happy Landing am Tisch auf der Mole. Die nette Hafenmeisterin Marianne weist uns darauf hin, dass man mit der Fähre zur Insel fahren kann. Dort ist ein Lotsenmuseum aufgebaut. Zurück auf Odin bekocht uns Henning. Bis spät sitzen wir auf der Mole und geniessen den lauen Sommerabend.

Ankern in der Steinigen Bucht

Nur ein leichtes Plätschern am Heckspiegel, sonst war die ganze Nacht absolute Ruhe. Wir pennen am Mittwoch bis 08:00 und frühstücken in der Sonne auf der Mole. 

Neben 2 Segelschiffen stehen 18 Mobilehome im Hafen. Die zwei Duschen und WC sind deshalb sehr gefragt. Die Türklinke wird jeweils von Hand zu Hand weiter gereicht. Eine Tür öffnet sich nicht. Sehr zum Ärger aller Wartenden ist darin ein Dauerduscher eingeschlossen.

Direkt nach der Ausfahrt schiebt uns der Wind Raumschott nach Norden. Die sanfte Breeze von 3 Beaufort baut am Nachmittag eine beachtliche Welle auf. Das merken wir erst nachdem wir die Segel streichen und in die steinige Bucht von Lille Luban einlaufen.

Vorsichtig tasten wir uns zwischen den Steinen durch in die hinterste Ecke und legen uns vor Anker. Wir liegen ruhig. Rundum gegen jeden Wind geschützt.

Ein Versuch den defekten Solarregler zu reparieren scheitert ein weiteres mal. Nach dem zurücksetzen der Steuerung werden die Batterien ein wenig geladen. Die Steuerrung meldet jedoch nach kurzer Zeit, dass alle Batterien voll sind, obwohl 10% der Batterien verbraucht wurden.

Die Sonne verabschiedet sich am westlichen Ende der Bucht in leuchtendem Gold.

Echte Gastfreundschaft in Söråker

Absolute Windstille. Das Wasser liegt am Donnerstag spiegelglatt. Beim Auslaufen aus der Bucht tauchen wir in tiefen Nebel. Mit Radar und AIS tasten wir uns durch die Schären und dem Ufer entlang nach Norden. Alle zwei Minuten geben wir Schallsignal. Einmal lang, zweimal kurz. Ein Segler taucht im Radar auf, den wir gespannt auf dem Bildschirm verfolgen. Mit 180 m Abstand fährt er an uns vorbei. Wir sehen und hören nichts. Am Ende der Sundsvallsbukten lichtet sich der Nebel. Blauer Himmel und die Sonne scheint. Wir setzen das Vollzeug und gleiten gemächlich in den Klingerfjärden. 

Dann wird es wieder still. Unter Motor laufen wir im kleinen Klubhafen von Söråker ein und werden herzlich begrüsst. Mit 50 cm unter dem Kiel legen wir uns zwischen die Schwengel und warten im sicheren Hafen auf den angekündigten Starkwind.

Am Abend klopf der Nachbar und begrüsst uns im Hafen. Er übergibt uns seinen Schlüssel für das Klubhaus, damit wir morgen früh die Sanitäranlagen benutzen können. Der Himmel wird tief schwarz. Es blitz und donnert rund um uns.

Heftige Böen bringen die Masten am Freitag zum Pfeifen. Die Wanten schlagen. Auf dem Weg nach Sundsvall bläst der Wind mit 2 - 4 Beaufort. Die ersten fünf Meilen segeln wir mit Vollzeug hoch am Wind und müssen vor dem Kap von Eriksvall wenden. Dabei bleibt die Genua im Kutterstag Haken an der Saling hängen und wird beschädigt. Damit kein Schaden entsteht werden wir nur noch Q-Halsen fahren und im Hafen in den Mast steigen um die Lage der Haken zu ändern.

Durch den Alnösund segeln wir Raumschott an einigen grossen Papierfabriken vorbei. Bei der Zufahrt zum Gasthafen von Sundsvall müssen wir für die letzte Meile den Motor starten. Die guten Längsplätze sind besetzt. Weil die Bojen sehr nahe am Ufer stehen, schnappen wir uns seitwärts am Bug zwei Bojen und legen uns mit Heckleinen an den Quai.

Henning steigt mit dem Klettergurt und doppelter Sicherung zur Saling, löst die Kutterstag Haken und befestigt diese an der Rückseite der Saling.

Sundsvall, die Stadt im Jugendstil

Am späten Nachmittag begeben wir uns auf eine Stadtwanderung. Sundsvall liegt nahe dem geografischen Mittelpunkt von Schweden. Die Stadt wurde insgesamt viermal von großen Bränden heimgesucht. Ein Funke von einem Dampfschiff war in einem sehr trockenen Sommer 1888 Auslöser des letzten Stadtbrands, der sich zum bis dahin größten in der schwedischen Geschichte entwickeln sollte. Dabei brannte die bis dato vor allem aus Holzhäusern erbaute Stadt durch die Feuersbrunst fast gänzlich nieder. Im Zentrum durften daraufhin nur noch Steinhäuser gebaut werden. Daher stammt auch der häufig benutzte Kosename Stenstaden (die „Steinstadt“). Die im Jugendstil gebaute Innenstadt ist um den Hauptplatz sehr malerisch.

 

Nach dem feinen Käptensdinner beim Inder sitzen wir mit einem Glas Wein im Hafen und bestaunen den kreisrunden Regenbogen, welcher besonders intensiv im Sonnenuntergang leuchtet.

Nach 22:00 Uhr kommt Artho mit seiner Kohlefaser Gitarre vorbei und unterhält uns im Klublokal. Wir kennen Ihn vom Bothniatörn vor 5 Jahren. Er hat uns schon damals seine Gitarre vorgeführt.

Beim Ändern der Kutterstag Haken haben wir festgestellt, dass die Mittelwante Steuerbord des Hauptmastes an einem Steigbügel hängt. Zusammen mit Henning korrigieren wir dies am Samstag mit lösen und neu justieren der Terminals.

Kurz vor Mittag verlassen uns Isolde und Henning mit dem Zug nach Umeå. Sie fliegen morgen via Stockholm nach Berlin zurück. Den ganzen Tag verbringen wir mit Waschen, Putzen und Büroarbeiten. Es ist herrlich warm und blauer Himmel.

Wieder Sonntagswetter. Nach Vrenis Bunkertour können wir von den Bojen an einen besseren Platz wechseln. Der kleine Segler ist ausgelaufen. Der davor liegende Schwede schiebt sein 50 Fuss Segelboot einige Meter weiter, so haben wir hinter ihm genug Platz zum längs Liegen. Für den erwarteten Windwechsel liegen wir so viel ruhiger.

War bei der Universität Mario Botta am Werk?

Der Sonntagsspaziergang führt uns durch die Stadt zur Sushi Beiz. An der Gustavkirche vorbei wandern wir zur Mittuniversitetet. Der Name der Universität leitet sich von ihrer Lage nahe dem geografischen Mittelpunkt Schwedens ab.

Der Campus, getauft auf den Namen „Åkroken“, wurde mit mehreren Architekturpreisen ausgezeichnet. Die Bibliothek als Rundbau erinnert an typische Bauten von Mario Botta. Die Studienräume sind in kleingliederigen Gebäude untergebracht und alle miteinander verbunden.

Dem Fluss entlang, durch alte Baumbestände, kehren wir zu Odin zurück. Der Hafen hat sich geleert. Nur noch zwei Segler stehen da.

Kommentare: 1
  • #1

    Marlies Egli (Montag, 25 Juli 2022 15:31)

    Liebes Vreni und lieber Peter
    Da ist aber Einiges passiert. Zum Glück bist du so geschickt. Hoffentlich findet ihr noch einen Solarregler.
    Euer Blog ist sehr informativ und natürlich mit herrlichen Bildern bespickt. Es ist immer eine Freude ihn zu lesen.
    Alles Gute und liebe Grüsse, Marlies und Jürg