Samstag 13. bis Samstag 27. September 2025
Svendborg - Nyborg - Agersø - Stubbeköping - Stralsund
Wanderung zur Werft
Nach einigen kleinen Einkäufen im Segelladen und im Supermarkt machen wir uns am Samstagmorgen auf den Weg zur grossen Werft auf der Insel. Es wird gehämmert, geschweisst und gefräst – grosse Schiffe stehen im Trockendock. Die meisten Werfthallen sind entweder leer oder wurden zu Festschuppen umfunktioniert.
Viel Betrieb in der Marina
In der Marina hat der Hafenmeister alle Hände voll zu tun. Die ersten Teilnehmer des Silverrudder Race treffen ein und müssen ihre Plätze zugewiesen bekommen. Wir dürfen bis Sonntag bleiben, danach wird der Hafen geschlossen.
Bei der Fischhändlerin in der Nähe kaufen wir feinen Rauchlachs und Lachs-Sashimi. Der rohe Fisch wird mit einem Glas Wein am Abend verzehrt – welch ein Genuss!
Schweinswale vor dem Bug
Am Sonntagmorgen verlassen wir den Hafen von Svendborg. Mit Blick zurück motoren wir durch den Sund. Im flachen Wasser ohne Wellen begrüsst uns ein Seehund. Kurz darauf tauchen Schweinswale neben „Odin“ auf.
Die Schweinswale (Phocoenidae), die einzige Walart in der Ostsee, sind eng mit den Delfinen verwandt, unterscheiden sich jedoch in einer Reihe anatomischer Merkmale. Besonders auffällig sind die Form des Kopfes und die Zähne.
Schweinswale jagen vor allem Fische, fressen aber auch Kopffüssler und Krebstiere. Sie leben meist in kleinen Gruppen und kommunizieren untereinander mit verschiedenen Klick- und Pfeiftönen. Wie alle Zahnwale können sie Ultraschall zur Echoortung einsetzen. Schweinswale sind schnelle Schwimmer. Die Zeit reicht deshalb nicht für ein Foto.
Unter Segel nach Norden
Am östlichen Kap von Thurø setzen wir die Genua und den Besan. Mit dem drehenden Wind hilft auch das Grosssegel, die Durchschnittsgeschwindigkeit zu erhöhen. Nach vier Stunden Sonnenschein ohne Regen erreichen wir den Fjord von Nyborg. Da für die nächsten Tage starker Wind aus Südwesten angesagt ist, legen wir uns im Osthafen der Stadt weit hinten an die Quai-Mauer. Im Windschatten der Mehrfamilienhäuser liegt es ruhig, während wir die Regenfront vorbeiziehen lassen. Nach einem leckeren Abendessen mit Jakobsmuscheln und einem Glas Weisswein kriechen wir unter die warmen Decken in die Koje.
Schaumkronen im Hafen
Die Sonne strahlt am Dienstagmorgen. Die Wassertiefe im Hafen ist um 60 cm gesunken. Der starke Wind mit 6-7 Beaufort saugt das Wasser aus dem Hafen. Im westlichen Hafenbecken hat sich eine 50 cm hohe Welle aufgebaut, die mit Schaumkronen die Quaimauer entlang fegt. Wir liegen ruhig im Windschatten, sicher vertäut mit Leinen und Gummistropen.
Besuch beim Arzt
Der Regen bleibt aus. Wir machen uns auf den Weg zu einem Ärztehaus in der Nähe. Vreni möchte klären, ob sie nach der letzten Infektion erneut mit Borilliose infiziert wurde. Zum Glück findet die Ärztin keine Anzeichen dafür. Den Nachmittag verbringen wir auf Odin und studieren die Wetterprognosen für die kommenden Tage. Wir suchen nach einem geeigneten Windfenster, um die nächsten 50 Meilen in Angriff zu nehmen.
Perfekte Sanitäranlagen
Direkt bei der Kanalbrücke befindet sich ein kleines Gebäude mit Dusche und WC. Als einzige Gäste im Osthafen steht uns die Anlage zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Wir nutzen die Gelegenheit für einen Waschtag. Die Waschmaschine und der Trockner arbeiten bis zum Abend für uns.
Res trifft in Nyborg ein
Am Nachmittag gehen wir zum Bahnhof, um unseren nächsten Gast abzuholen. Pünktlich trifft der Diesel-ICE ein. Zusammen mit Res machen wir kleine Einkäufe im nahegelegenen Rema. Beim Check-in darf ein Begrüssungs-Apero nicht fehlen, der nahtlos in das Abendessen mit Tortillia übergeht. Es ist schön, einen weiteren Gast an Bord willkommen zu heissen. Der Wind schläft ein, und es wird ruhig im Hafen.
Tagwacht mit Bugstrahlruder
Am Mittwochmorgen werden wir von einem lauten Bugstrahlruder geweckt. Zwei grosse Motorschiffe, die Orca 1 und Orca 3, laufen unter Panama-Flagge ein und legen am Ostquai an. Was wollen die hier? Auf dem Weg zur Dusche entdecken wir, wie schon gestern, eine Tauchausbildung. Feuerwehrleute müssen zu Übungszwecken mit Tauchanzügen ins kalte Nass. Eine warme Dusche ist da umso willkommener.
Stadtwanderung in Nyborg
Nyborg, mit über 700 Jahren Geschichte, gehört zu den ältesten Städten Dänemarks. Die Stadt wuchs auf halber Strecke der alten Handels-strasse zwischen Jütland im Westen und Seeland im Osten und fand Schutz bei der „Nyborg“, Skandinaviens ältester Königsburg (um 1170).
Wir schlendern ohne festes Ziel durch die Fussgängerzone. Ein Tante-Emma-Laden zieht uns an. Das grosse Käseangebot lässt unser Portemonnaie etwas leichter werden. Auch die feinen Oliven wechseln ihren Besitzer.
Da Mamas Pizzaladen geschlossen hat, setzen wir uns ins Roeds Bistro und lassen uns überraschen. Der Service ist äusserst professionell und charmant. Das köstliche Essen wird mit einem Beistelltisch serviert. Wir fühlen uns wie der Kaiser in China.
Die Bastion
Der Verdauungsspaziergang führt uns zur Festung von Nyborg. Die Burg wurde um 1170 zum Schutz vor den Wenden erbaut. Lange Zeit war Nyborg ein wichtiger Wohnsitz der dänischen Könige. Später diente die Festung als Waffenkammer und Getreidespeicher. Während der Grafenfehde (1533–1536) wurde das Schloss zweimal erobert. Christian III. liess es anschliessend erweitern und durch eine grosse Wallanlage befestigen.
Im Wasser des Burggrabens spiegeln sich die umliegenden bunten Häuser und die imposante Festung. Der Spaziergang über den Wall führt uns zur Wasserturm, wo sturmsichere Kanonen zu bewundern sind.
Der Stinkkäse Odin
Auf dem Rückweg decken wir uns im Brugsen mit Vorräten für die nächsten zehn Tage ein. Es ist warm, daher geniessen wir den Aperitif auf dem Achterdeck. Der Wind hat sich für kurze Zeit zurückgezogen.
Eine gute Belüftung ist in der Kuchenbude notwendig, denn der ausgepackte Odin-Käse verbreitet seinen intensiven Duft. Bis spät in die Nacht spielen wir unter der schwachen LED-Beleuchtung von der Lampe eine Runde Okey.
Das verflixte Busticket
Heute spielt das Internet verrückt. Über eine Stunde lang versuchen wir, eine App zu installieren, um ein Busticket für drei Personen zu lösen. Nach zahllosen Versuchen gelingt es uns endlich. Am Hafenkontor wollen wir an einem Automaten zwei weitere Tage Hafengebühr bezahlen. Doch auch hier scheitern wir nach fünf Versuchen – das Programm stürzt bei der Bezahlung ständig ab.
Zum Glück ist der Bus 806a pünktlich und bringt uns nach Süden zum Schloss. Doch auch hier gibt es ein Problem: Trotz eines Stoppsignals hält der Busfahrer an der gewünschten Station nicht an. Erst ein lauter Pfiff von uns weckt ihn, und er hält schliesslich mitten auf der Strasse an, um uns aussteigen zu lassen.
Schloss Holckenhavn
Zu Fuss gehen wir weiter zum Schloss Holckenhavn (dänisch: Holckenhavn Slot), einem Renaissanceschloss aus dem 17. Jahrhundert. Das Gebäude besteht aus vier Flügeln, die fast einen quadratischen Umriss bilden und einen Innenhof umschliessen. Umgeben von einem Wassergraben führt eine breite Steinbrücke zum Schlosshof. Das Schloss wird heute als Konferenzzentrum genutzt. Die zugehörigen Ländereien umfassen 920 Hektar, davon 380 Hektar Wald und 400 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche mit ökologischem Anbau (ohne Tierhaltung). Fasanen tummeln sich im Blumengarten.
Wir spazieren durch den gepflegten Schlosspark zurück zur Busstation. Der Bus bringt uns pünktlich zurück nach Nyborg. Der Hafenautomat funktioniert nun einwandfrei. Doch die Duschen bleiben trotz Bezahlung kalt. Ein kleiner Trost: Die Gebühren für die Busfahrt wurden zwar korrekt verbucht, aber nicht belastet.
Der Wetterbericht wird abgewartet
Auch am Freitagmorgen überraschen uns die Fehler bei der elektronischen Steuerung. Trotz Bezahlung und Eingabe des richtigen Codes müssen wir alle drei kalt duschen.
Der Wetterbericht für den Nachmittag kündigt optimale Winde an, um die Fahrt nach Westen fortzusetzen. Grünes Licht für das Auslaufen. Zuvor schlagen wir uns im Hafenrestaurant „Nurs“ die Bäuche voll. Die Portionen an Fisch sind riesig.
Quer durch den Grossen Belt
Beim Auslaufen stellen wir fest, dass die Logge nicht dreht. Das kleine Wasserrad unter dem Rumpf scheint durch das lange Stehen verstopft zu sein. Wir queren den Belt hinter den letzten Segelschiffen des Silverrudder Einhand-Race. Nur eine Bavaria kommt uns in die Quere und ändert erschrocken ihren Kurs.
Mit Genua und Besan reiten wir bei zwei Knoten Strömung auf der Welle. Mit Unterstützung des Motors erreichen wir nach etwa drei Stunden Fahrt die Insel Agersø im Lee. Im Hafen legen wir uns längs an den Steg und stellen mit Schrecken fest, dass uns nur noch 10 cm unter dem Kiel bleiben. Eigentlich sollte eine Reserve von 1,0 m vorhanden sein. Der starke Wind hat den Hafen leer „gesogen“.
Wir kreuzen den Weg der Taya
Am Samstagmorgen verlassen wir den Hafen und passieren den Agersø Sund unter Motor. Mit Vollzeug trägt uns der Wind ein Stück weiter. Unter Motor halten wir eine hohe Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,7 Knoten. Weit entfernt auf der Backbordseite kreuzen wir an der Motorjacht Taya von Irene und Gaetano vorbei. Sie sind in die entgegengesetzte Richtung unterwegs zum nächsten sicheren Hafen. Nebenbei sei erwähnt, dass die Verpflegung auf hoher See vom Smutje Vreni mit einem Reissalat, Pouletgeschnetzeltem, Mango, Ananas und weiteren Köstlichkeiten bestens vorbereitet wurde.
Unter drei Brücken musst du gehen…
Mit dem Wind direkt von vorn passieren wir bei moderater Welle die Brücken im Strømsørsund. Imposante neue Bauwerke, die noch nicht in der Seekarte verzeichnet sind. Mit 26 m Durchfahrtshöhe stellen sie jedoch kein Hindernis dar. Die dritte Brücke, die von Farø, passieren wir kurz vor Stubbekøbing.
Dort legen wir uns zunächst längs an die Mole des Yachthafens, müssen jedoch wenig später zwischen die Dalben verlegen. In kurzen Hosen sitzen wir lange mit einem Flensburger „Plopp“ auf dem Steg und geniessen das unterhaltsame Hafenkino. Das misslungene Anlegemanöver einer deutschen Segelyacht wird von Vreni mit einer Handvoll Schöggeli belohnt – so ist der Frust schnell vergessen.
Motorräder der letzten 100 Jahre
Bei strahlendem Sonntagswetter spazieren wir am Morgen durch enge Gassen ans andere Ende der Stadt. Unser Ziel ist das Motorcykelmuseum. Noch vor der Besichtigung lädt uns der Kassier zu einem Kaffee ein – eine freundliche Geste zum Start in den Tag.
Das Museum beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Motorrädern, die die Entwicklung des zweirädrigen Transports über die letzten hundert Jahre dokumentiert. Von frühen Modellen aus dem 20. Jahrhundert über klassische Maschinen bis hin zu modernen Designs und spektakulären „Raketenrädern“ – es gibt viel zu sehen und zu staunen.
Pizza wie vor 9 Jahren
Auf dem Rückweg zum Hafen machen wir ein paar kleine Einkäufe und suchen dann das Dolce Vita. Die Pizzeria ist frisch renoviert – kaum wiederzuerkennen – und feierte letztes Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Wie schon vor neun Jahren verwöhnt uns der Pizzaiolo mit Calamari und einer köstlichen Pizza. Fast wie eine kleine Zeitreise.
Die Stadtkirche von Stubbekøbing
Die Besichtigung der Stadtkirche ist eindrücklich. Das mittelalterliche Bauwerk besteht aus Kalksteinquadern und ist in Basilikaform mit Kirchenschiff und zwei Seitenschiffen errichtet. Um 1880 wurde es umfassend restauriert. Der Chor stammt aus dem Jahr 1250 und wurde – wie auch der später hinzugefügte Turm – aus Backstein erbaut. An der Nordseite des Kirchenschiffs befindet sich die St.-Anna-Kapelle – eines der schönsten gotischen Bauwerke des Landes.
Die Logge will nicht drehen
Die Geschwindigkeit der Odin durchs Wasser wird mit einem kleinen Wasserrad unter dem Rumpf gemessen – doch es dreht sich nicht. Vermutlich ist es verstopft. Res legt sich zwischen unser Boot und das Nachbarboot ins Dingi und versucht, das Rädchen mit dem „Strupper“ zu reinigen. Es bewegt sich – wenn auch nur leicht. Auf dem Anzeigeinstrument ist ein kleiner Ausschlag zu sehen.
Mit einem hörbaren Plopp wird der Erfolg gefeiert – und das bei Windstärke 6 bis 9, hohen Wellen und 15° Schräglage.
Wir warten einen weiteren Tag
Die ganze Nacht auf Montag schlagen die Leinen und der Wind heult. Am morgen bläst es immer noch mit 5-7 Beaufort. Bei einem kurzen Landgang kaufen wir im nahen Bootszubehörladen einige brauchbare Dinge. Beim geniessen der Spagetti Gorganzola von Vreni rüttelt und schüttelt es an den Masten. Wir beschliessen einen weiteren Tag zu warten und das morgige günstige Wetterfenster für die Überfahrt zu nutzen. Nach dem theatralischen Sonnenuntergang mit Gold am Himmel schläft der Wind langsam ein. Eine kurze aber ruhige Nacht erwartet uns.
Die lange Überfahrt
Am Dienstagmorgen um 05:30 Uhr ist Tagwache. Wir rechnen mit 10 bis 12 Stunden für die Überfahrt nach Rügen und möchten unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit am Ziel sein. Mit den ersten Sonnenstrahlen heisst es: „Leinen los!“ – wir laufen aus. Nach der Hafenausfahrt erwartet uns wenig Wind und nur eine kleine Welle. Doch nach dem Passieren der Tonnenstrasse im Grönsund treffen wir auf eine alte, langgezogene Dünung der letzten stürmischen Tage. Ohne Wind glättet sich diese nicht – das Schiff rollt sanft, aber stetig.
Stunden später erreichen wir das Verkehrstrennungsgebiet. Wir beobachten die AIS-Daten der grossen Frachtschiffe. Der Bordcomputer berechnet automatisch den Zeitpunkt und die Distanz der Kreuzungspunkte – so bleiben wir stets auf der sicheren Seite.
Baltic 1
Kurz nach der Grenze hissen wir die Gastlandflagge von Deutschland. Wir passieren den Offshore-Windpark EnBW Baltic 1, den ersten kommerziellen seiner Art in der deutschen Ostsee. Er liegt rund neun Seemeilen vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, innerhalb der 12-Seemeilen-Zone, und besteht aus 21 Windenergieanlagen. Die installierte Gesamtleistung beträgt 48,3 Megawatt – zum Vergleich: Das AKW Gösgen liefert 1’000 MW.
Hiddensee in Sicht
Mangels Wind sind wir unter Motor zügig unterwegs und erreichen Rügen schon nach sieben Stunden – deutlich früher als geplant. Eigentlich wollten wir in Barhöft festmachen, entscheiden uns aber spontan, direkt bis Stralsund durchzufahren. Um 16:00 Uhr legen wir im Hafen an einem Schwengel an.
Die Citymarina hat sich verändert
Das zweite Sanitärhaus ist abgesoffen. Der Hafenmeister ist nur zwischen 7:00 und 10:00 Uhr vormittags im Büro anzutreffen. Zutritt zum einzigen verbliebenen Sanitärgebäude gibt es nur mit einer Zugangskarte – erhältlich im Hotel an der Hauptstrasse und ausschliesslich gegen Barzahlung. Also ein Marsch zum Bankautomaten. Der Wechselkurs dort: 1.11 CHF pro Euro – beinahe kriminell. Eine Quittung? Fehlanzeige.
Immerhin kehrt der Skipper nach einer Stunde Fussmarsch mit zwei Zugangskarten für Toilette und Dusche zurück an Bord. Als Belohnung serviert der Smutje dänisches Angussteak mit Pfeffersauce. Müde, aber zufrieden, sinken wir danach in die Kojen. Ein Rumpeln und Donnern in der Nacht. Vreni fiel nach der geglückten Überfahrt ein riesiger Stein vom Herzen.
Die restaurierte Gorch Fock
Am Mittwochmorgen starten wir zu einem Stadtbummel und besichtigen als Erstes die leuchtend weisse Windjammer im Hafen von Stralsund.
Nach nur 100 Tagen Bauzeit lief die Gorch Fock am 3. Mai 1933 auf der Hamburger Werft Blohm+Voss vom Stapel. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurde sie 1945 von einem Sprengkommando der deutschen Wehrmacht im Strelasund versenkt. Zwei Jahre später hob man die Bark und setzte sie in Rostock instand. Ab 1951 segelte das Schiff unter dem Namen Towarischtsch – zu Deutsch „Kamerad“ – wieder über die Meere; Heimathafen war das ukrainische Cherson.
Im Jahr 2003 wurde die Bark per Dockschiff nach Stralsund überführt und erhielt ihren ursprünglichen Namen Gorch Fock zurück. Ab 2004 begannen umfassende Restaurationsarbeiten. Bis 2025 wurden Rumpf und Takelage fertiggestellt, ab 2026 soll auch der Innenausbau wiederhergestellt werden.
Einmal rund um Stralsund
Wir flanieren entlang der Quaimauer am Ozeaneum vorbei. Der weisse Koloss liegt eindrucksvoll zwischen den alten roten Backsteinspeichern. Vorbei am ehemaligen Hafenkontor besichtigen wir den Kanalhafen und biegen anschliessend in die Fussgängerzone der Altstadt ein. Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein lassen die farbenfrohen Häuser leuchten. Am Rathaus spiegelt sich die Häuserzeile in der glatten Fläche des Wasserspiels.
Der Klabautermann
In der Hafenkneipe Klabautermann finden wir einen freien Platz und lassen uns mit Störtebeker, Bratkartoffeln und frischem Fisch verwöhnen. Der Klabautermann gilt als guter Geist der Seefahrt – er soll dem Schiff Glück bringen und die Mannschaft beschützen. Doch er hat auch eine schelmische Seite: Oft treibt er Schabernack und neckt die Besatzung.
Die Mittwochabend-Regatta
Um 18:00 Uhr hört man hinter der Hafenmauer laute Schallsignale. Auf der Mauer werden Flaggen gesetzt. Einige Dutzend Segelschiffe aller Klassen kreuzen vor der Startlinie. Die Segel flattern im Wind. Bei Windstärke 5 drücken die Böen die Boote und lassen sie krängen. Der Start erfolgt gruppenweise – je nach Bootsgrösse. Hektische Rufe wie „Raum!“ sind zu hören, wenn die Segler dicht an dicht stehen und jeder die beste Startposition ergattern will. Dann ertönt das Starthorn – alle ziehen los auf den Rundkurs. Im Hafen kehrt wieder Ruhe ein.
Ein sportlicher Ausflug
Um die Brückenöffnung um 08:20 Uhr zu erwischen, heisst es am Donnerstag früh aufstehen – bereits um halb sechs klingelt der Wecker, damit noch Zeit zum Frühstück bleibt. Pünktlich werden die beiden Zugbrücken für Eisenbahn und Strassenverkehr langsam hochgeklappt.
Wir fahren los – bei 4 bis 5 Beaufort gegenan. Unser Jockel kämpft sich durch die 40 bis 60 Zentimeter hohen Wellen im Strelasund. Vorbei an der Fähre von Stahlbrode erreichen wir die Landzunge bei Palmer Ort. Dort weht der Wind nicht mehr ablandig – und das macht sich sofort bemerkbar.
Jetzt schlagen uns 1.5 bis 1.8 Meter hohe Wellen im 3-Sekunden-Takt entgegen. Odin bäumt sich auf. Die heftige Berg- und Talfahrt reduziert unsere Geschwindigkeit auf unter 3 Knoten. In der engen Tonnenstrasse drehen wir ab und treten den Rückweg nach Stralsund an. Oh Wunder, beim Knallen des Bugs in die Wellen wurde unsere Logge gereinigt. Sie zeigt nun auch die Geschwindigkeit durchs Wasser wieder an.
Ohne Motor, nur mit gereffter Genua, gleiten wir erstaunlich ruhig durch das aufgewühlte Wasser zurück. Die Wellen und Böen – teils bis Stärke 6 – schieben uns in Richtung Ziegelgrabenbrücke.
Die Ziegelgrabenbrücke
Nach mehreren Stunden erreichen wir schliesslich die Brücke am Rügendamm – leider zu spät. Die Öffnung haben wir knapp verpasst und müssen rund zwei Stunden beidrehen.
Die Ziegelgrabenbrücke, eine alte Eisenbahn-Klappbrücke, wurde 1937 erbaut und ist 133 Meter lang. Sie verbindet das Festland mit der Insel Dänholm. Die Konstruktion besteht aus drei Teilen: zwei festen Brückenabschnitten und einem klappbaren Mittelteil. Dieses wird zu festgelegten Zeiten angehoben, um den Schiffsverkehr durch den Rügendamm zu ermöglichen. Währenddessen ist die Strecke für Strassen- und Zugverkehr gesperrt.
Um 15:20 Uhr öffnet sich die Brücke endlich wieder. Wir kehren zur Citymarina zurück – an Steg 8 – und machen am gleichen Schwengel fest, den wir am Morgen verlassen hatten. Der kräftige Ostwind macht das Anlegen nicht gerade leicht – aber es gelingt.
Batterietest – AGM oder GEL?
Im Hafen von Stralsund stossen wir auf Werbung des Bootsservices Thomas Krutoff. Vor einigen Jahren hat er uns neue Batterien verkauft. Daher bitten wir ihn am Freitagmorgen erneut um einen Batterietest. Nur 15 Minuten später steht er mit seinem schweren Werkzeugkoffer am Schiff.
Die Verbraucherbatterien sind bereits wieder auf einem bedenklich niedrigen Stand. Der Fachmann meint, die AGM-Batterien müssten gegen GEL-Batterien ausgetauscht werden – das sei der Grund für den schlechten Zustand. Ein anderer Fachmann widersprichst: „Blödsinn, AGM ist das Beste!“
Was stimmt nun? In beiden Fällen gilt laut Mastervolt: Die Erhaltungsladung muss auf 13,8 Volt abgesenkt werden. Messungen zeigen jedoch, dass dies mit der Lichtmaschine nicht geschieht. Fazit: Erst die Lade-Regelung verbessern – und dann die Batterien wechseln.
Kleiner Stadtbummel
Res und Vreni spazieren zum EDEKA – allerdings ohne wirklich einzukaufen. Anschliessend sucht Res den Bahnhof, um den Weg für seine morgige Heimreise zu erkunden. Am Abend stellen wir fest, dass die meisten guten Kneipen ausgebucht sind. Beim Griechen um die Ecke werden wir freundlich empfangen – und auch kulinarisch verwöhnt: Uso, Octopussalat, reichlich Retsina und weitere griechische Köstlichkeiten.
Der starke Wind hat über Nacht etwas nachgelassen. Müde sinken wir in die Kojen und schlafen ungestört ein.
Abschied von Res
Um 05:00 Uhr ist Tagwache. Nach einem kurzen Kaffee wird Res an der Mole von einem Taxi abgeholt und zum Bahnhof gebracht. Über Berlin tritt er die Heimreise nach Belp an. Es war eine schöne Zeit mit ihm auf Odin – sonnige Tage mit viel Wind.
Wasch-, Büro- und Putztag
Alle zwei Wochen füllen sich die Berge schmutziger Wäsche. Auch das Bettzeug muss gewechselt werden. Wir nutzen die Infrastruktur der Marina und belegen mehrere Waschmaschinen und Trockner bis in den Abend hinein.
Zwischendurch werden die Vorräte in der Fussgängerzone ergänzt. Es ist Monatsende – diverse Zahlungen sind fällig, und auch das Logbuch muss nachgeführt werden. So vergeht der Tag schnell. Am Abend versinkt die Sonne hinter der Skyline von Stralsund.
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